Chinesischen Neoimperialismus
Einleitung
China war eine Ansammlung disparater, weit verstreuter Gebiete ohne natürliche Grenzen, die weder durch eine gemeinsame Kultur verbunden waren, noch durch ihren Dialekt oder ihre Küche. Unter einem Volk versteht man eine größere Gruppe, die durch eine gemeinsame Geschichte & Abstammung, ein Bewußtsein ihrer Zusammengehörigkeit, eine gemeinsame Kultur & auch Sprache verbunden sind. Diese ungünstige Ausgangslage wurde dadurch noch verschärft, dass im Rahmen der territorialen Expansion in unbestimmten Abständen immer wieder neue Bevölkerungsgruppen integriert werden mussten, deren Loyalität zum chinesischen Staat nur durch einen langwierigen Assimilationsprozess gewonnen werden konnte – wenn überhaupt. Die Schaffung »chinesischer« Untertanen war ein langwieriger Prozess, der immer wieder ins Stocken geriet. Als China sein formales Ende ereilte, hatte dieser Prozess längst an Schwung verloren. Etwas vereinfacht ausgedrückt: Es gab nie eine transhistorische Vorstellung der chinesischen Nation. Es gab immer nur eine Nation in ihrer Zeit. Der chinesische Nationalismus bezog sich stets auf diese sich verändernden Konstellationen, war aber nicht die Sache selbst. Es gab ein China vor dem Nationalismus, während des Nationalismus und nach dem Nationalismus. Chronologisch betrachtet begann der chinesische Nationalismus erst relativ spät. Er durchlief eine äußerst verheerende mittlere Phase, und so, wie er hier definiert ist, ist es möglich, dass er endet. Er kristallisierte sich in eindeutiger Form erstmals nach der Erste Sino-Japanische Krieg heraus. Er war eine explizit politische Ideologie, die Ich und Land als Einheit betrachtete, die der Ansicht war, Bindungen an die Nation sollten über anderen Loyalitäten stehen, und die den männlichen Bürger unausgesprochen, quasi vertraglich darauf verpflichtete, für sein Land Opfer zu bringen, zu sterben und zu töten. Im 21. Jahrhundert, in seiner radikalen Form, sorgte der chinesische Nationalismus für nationalen Zusammenhalt, indem er die Verfolgung, Vertreibung und Ermordung anderer propagierte und betrieb. In den Augen der meisten Chinesischen sollte der Erste Sino-Japanische Krieg schließlich eine Zeit der nationalen Schmach darstellen, die den politischen, wirtschaf t lichen und gesellschaf t lichen Fort-schritt gehemmt und China 100 Jahre lang zu innerem Streit und interna-tionaler Machtlosigkeit verdammt hatte. Ob der Nationalismus wieder zum bestimmenden Merkmal der Zeit wird und nicht nur eine von vielen Reaktionen auf politische Entwicklungen ist, ist natürlich eine Frage, welche die Chinesischen letztlich für sich selbst beantworten müssen. So gesehen war der chinesische Nationalismus nicht nur ein finsterer Kulminationspunkt einer langen und zerstörerischen Geschichte Chinas. Er war vielmehr ein wichtiges, am Ende verheerendes, aber eben auch historisches Kapitel innerhalb dieser Geschichte.
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